08.11.2012 – RuheForst Rheinhessen-Nahe im „Heimatjahrbuch Landkreis Mainz-Bingen 2013“

8. November 2012 – 

RuheForst-Mitarbeiterin Simone Naujack schildert den Lebensweg einer 400-jährigen Eiche am RuheForst Waldalgesheim

Das Heimatjahrbuch des Landkreises Mainz-Bingen präsentiert sich für das Jahr 2013 in einem neuen Gewand. Das von den  „Heimatfreunden am Mittelrhein e.V.“ herausgegebene Heimatjahrbuch wendet sich „mit einer breiten Darstellung jugendlicher Themen vorzugsweise nun auch an junge Menschen, um sie so näher an die Heimat heranzuführen und ihre Interessen auf die Region und ihre Entwicklung zu lenken“, wie es der Leiter des Redaktionsausschusses, Günter F. Hattemer, bei der Vorstellung des Buches in diesen Tagen hervorhob. Einer der zahlreichen ehrenamtlichen Beiträge wurde von Simone Naujack verfasst und hat eine alte  Eiche am RuheForst Rheinhessen-Nahe in Waldalgesheim zum Thema.

Die „Kaltwassereiche“ am RuheForst ist bereits etwa 400 Jahre alt

Ihre Tour d‘Horizon  über etwa vier Jahrhunderte leitet Simone Naujack ein mit einem Fragment des 1789 von Johann Wolfgang von Goethe verfassten Gedichts „Willkommen und Abschied“. In der ersten Strophe dieses Gedicht erwähnt Goethe die Eiche in ihrer Symbolik: „Schon stand im Nebelkleid die Eiche, Ein aufgetürmter Riese, da ….“. Am Waldalgesheimer RuheForst steht die sogenannte „Kaltwassereiche“, die zu Goethes Lebzeiten bereits etwa 150 Jahre alt war. Diese Eiche kann man heute mit einem stattlichen Alter von etwa 400 Jahren ganz sicherlich als einen „aufgetürmten Riesen“ bezeichnen.

Vor 400 Jahren, im 17. Jahrhundert also, war diese Eiche noch ein Sämling. Der Wald wurde zu jener Zeit oft als Waldweide für Schweine genutzt. Der kleine, heranwachsende Baum hatte Glück. Er überdauerte die Zeiten. Das 17. Jahrhundert war zudem ein Zeitalter der Unruhen und Kriege. Im Dreißigjährigen Krieg, zwischen 1618 und 1648, erreichten diese Auseinandersetzungen ihren Höhepunkt. Danach war der Kontinent Europa und insbesondere seine deutschen Kernlande verwüstet und vielerorts sogar entvölkert. Auch das Kloster Ruppertsberg der Hildegard von Bingen blieb als Ruine aus dem Dreißigjährigen Krieg zurück.

Klopstock erhebt die Eiche zum nationalen Symbol

Im 18. Jahrhundert dann hatte unsere Eiche am RuheForst Rheinhessen-Nahe bereits eine Höhe von etwa 20 Metern erreicht. In diesem Jahrhundert erhob der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock die Eiche mit der Strophe „O Vaterland,! O Vaterland! … Du gleichst der dicksten schattigsten Eiche. Im innersten Hain, der höchsten, ältesten, heiligsten Eiche“  zum deutschen Nationalbaum und verhalf der Eiche so zu großer Symbolkraft.

Im 19. Jahrhundert war die „Kaltwassereiche“ dann rund 200 Jahre alt. Dies war das Zeitalter der Industrialisierung, das die Lebensweise vieler Menschen dramatisch veränderte. Es war die Zeit des aufstrebenden Bürgertums. Und mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 und im Überschwang der Gefühle der nationalen Einheit zog das Eichenlaub erneut in die deutsche Symbolsprache ein. Auf Ehrenmalen, Kränzen und Hoheitszeichen dieser Zeit ist das Eichenlaub präsent.

Die „Kaltwassereiche“ ist in die Jahre gekommen

Inzwischen befinden wir uns im 21. Jahrhundert. Unsere Eiche am Rande des RuheForsts Rheinhessen-Nahe in Waldalgesheim hat inzwischen eine Höhe von 25 Metern und einen Umfang von etwa vier Metern erreicht. Allerdings ist sie inzwischen teilweise hohl. Sie ist eben in die Jahre gekommen. Aus dem aufgetürmten Riesen ist ein sanfter Riese geworden, der heute Waldkauz, Fledermaus, Eichhörnchen und Käfern Lebensraum gibt und Nahrung spendet. Er reinigt noch immer die Luft, speichert Kohlendioxid und produziert Sauerstoff.

Die „Kaltwassereiche“ an diesem besonderen Ort, dem Eingang des Bestattungswaldes RuheForst Rheinhessen-Nahe ist aber weit mehr als ein Biotop. Die Eiche ist das Symbol für die Ewigkeit. Es gibt kaum einen Besucher des RuheForsts, der den Bestattungswald betritt, der dem mächtigen Stamm nicht über die Rinde streicht und einen Blick in die mächtige Krone wirft. Unsere Kaltwassereiche“  ist aber nicht der einzige mächtige Baum auf dem RuheForst. Zahlreiche Eichen haben hier ein Alter von 100 Jahren oder mehr. Durch das Ruheforst-Konzept sind sie nun für weitere 99 Jahre vor Abholzung geschützt. Jeder dieser Bäume ist in seinem Aussehen, man möchte sagen, in seinem Wesen, einzigartig.

Den vollständigen Text zur Lebensgeschichte der „Kaltwassereiche“ in Waldalgesheim finden Sie unter www.ruheforst-rheinhessen-nahe.de . Das Heimatjahrbuch 2013 ist im Buchhandel, im örtlichen Zeitschriftenhandel, in der Zentrale der Kreisverwaltung Mainz-Bingen, sowie bei den kreisangehörigen Verbandsgemeinden und Städten erhältlich.